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  • 23 Gründe, warum „Interstellar“ scheiße ist

    tl;dr: Ach, Details. Verwirr mich nicht mit Fakten!

    rauhfaser

    Spoiler!

    1. Der Landwirt und Ex-NASA-Astronaut Cooper entdeckt durch auf übernatürlichen Wege übermittelten Koordinaten einen geheimen Stützpunkt der in Zukunft geheim operierenden NASA. Er ist erst wenige Stunden dort und wird trotzdem sofort aufgefordert, ein Raumschiff zu fliegen, was er – obwohl offenbar jahrelang ohne Training – auch sofort kann.
    2. Die gezeigten kantigen intelligenten Armee-Roboter bewegen sich auf wirklich alberne Art fort. Kein intelligentes Wesen würde so etwas ernsthaft entwerfen – außer wir begreifen „Interstellar“ als Parodie.
    3. Die Dystopie einer Erde in der Klimakatastrophe ist gut gelungen und wird vergleichsweise subtil dargestellt. Irgend eine Form von Alltag geht halt weiter. Das hat mir gefallen, allerdings sind die Sandstürme völlig unrealistisch. Für derart große Sandstürme braucht es entsprechend große Wüsten. Wir wissen, wie es beispielsweise in den Ländern rund um die Sahara oder in Australien aussieht – trotz Wüsten von kontinentalem Ausmaß.
    4. In den geheimen NASA-Labors holt Dr. Amelia Brand die tielfgekühlten Eizellen aus dem Kühlschrank, um sie Cooper zu zeigen – obwohl es sonst keinen Grund gibt, sie herauszuholen und ein Unterbrechen der Kühlkette keine so gute Idee ist, wenn davon die Zukunft der Menscheit abhängt.
    5. Um in sein Raumschiff – die Endurance – zu gelangen, muss Cooper in seinem Raumgleiter erst einmal die Erdgravitation überwinden, wofür er größere Treibstoffmengen braucht. Das schafft er auf klassischem Wege mit einer ganz normalen, mehrstufigen Rakete. Später auf anderen Planeten ist er jedoch in der Lage, seinen Raumgleiter nicht nur ohne die Hilfe von Raketen zu starten, sondern auch in der Atmosphäre herumzufliegen.
    6. Beim Durchquerden des Wurmlochs dehnen sich Raum und Zeit aufs Schönste – aber nicht die Endurance selber oder ihre Insassen.
    7. Wurmlöcher können nach gängigen Theorien nur in eine Richtung durchquert werden. Es gibt Theorien, die das anders sehen. „Interstellar“ entscheidet sich für keine von beiden: Einerseits ist es möglich, Cooper Videobotschaften durch’s Wurmloch zu schicken, andererseits ist Senden in Gegenrichtung „irgendwie so halb möglich“. Zwar nicht so richtig wirklich, aber doch so, dass Botschaften von den Astronauten des Lazarus-Projektes empfangen werden konnten.
    8. Miller’s Planet ist in der Auswahl der zu besiedelnden Planeten, obwohl er sich in der unmittelbaren Nähe eines schwarzen Lochs befindet. Um in einer habitablen Zone zu sein und zum Beispiel wie dargestellt flüssiges Wasser zu haben, muss ein Planet einen leuchtenden Stern im richtigen Abstand umkreisen. Das tut der Planet sichtlich nicht: Er ist dem schwarzen Loch näher als zum Beispiel Merkur der Sonne. Es müsste dort unerträglich heiß sein. Das Schwarze Loch selber leuchtet nicht und liefert auch keine Energie. Die bezieht der Planet offenbar von der Akkretionsscheibe, die Energie ausstrahlt. Leider auch Röntgenstrahlen, die die Besucher von Miller’s Planet innerhalb kürzester Zeit „grillen“ würden. (Anmerkung: Ein paar Leute stoßen sich daran, dass überhaupt ein Planet in der Nähe eines Schwarzen Lochs existiert und nicht hineinfällt. Das ist möglich. Ein Schwarzes Loch ist nichts weiter als ein extrem komprimierter Stern, um den man sich genauso in einer Kreisbahn befinden kann kann wie um einen nicht komprimierten Stern gleicher Masse – der halt viel größer wäre.)
    9. Das Wurmloch wurde angemessen als kugelförmig dargestellt – nicht aber das Schwarze Loch, um das herum keine Krümmung der Raumzeit zu sehen ist. Wie es hätte aussehen müssen, zeigt dieses Foto. Genau anhand solcher Verschiebungen können wir überhaupt schwarze Löcher und andere Objekte mit hoher Gravitation im Weltraum entdecken.
    10. Auf Mann’s Planet ist es so kalt, dass die Wolken gefrieren und der Raumgleiter sogar an einer aneckt wie an einem Fels. Eine solch massive Wolke wäre aber keine Wolke mehr sondern ein Eisbrocken und müsste herunterfallen.
    11. Zwei Astronauten liefern sich auf einem weit, weit entfernen Planeten einen Faustkampf. (Geklaut von Neil deGrasse Tyson)
    12. Trotz der extrem niedrigen Temperaturen auf Mann’s Planet überlebt Cooper, dass ihm für kurze Zeit der Helm abgenommen und ein Handschuh seines Raumanzuges ausgezogen wird. Nichtmal sein Kopf oder seine Hand zeigen die geringste Frostbeule.
    13. Die Planeten, die kolonisiert werden sollen, haben noch schlechtere Lebensbedingungen als die Erde nach der Klimakatastrophe. Bevor wir einen solchen Planeten mittels Terraforming bewohnbar machen, könnten wir das auch gleich mit der Erde machen.
    14. Am Ende fällt Cooper in das Schwarze Loch. Dabei hätte er quasi geschreddert und atomisiert werden müssen wie all das leuchtende Material um ihn herum, das wir als strahlende Akkretionsscheibe sehen.
    15. Ok, gesetzt Punkt 14 ist egal: Schwarze Löcher sind – wie gesagt – extrem komprimierte Sterne. Es ist also kein Loch im eigentlichen Sinne, in das mensch hineinfallen kann, sondern irgendwann wird jenseits der Ereignishorizonts unweigerlich der Boden nahen und Cooper auf diesem zerschellen. (Es gibt allerdings das Gedankenspiel, dass das nie passiert, weil sich die Zeit vorher gegen Unendlich verlangsamt – offenbar die Situation, in der Cooper sich wiederfindet, als er den Tesserakt betritt.)
    16. Der Tessarakt ist fünfdimensional, sodass Cooper sich in 4 Dimensionen frei bewegen kann (wie sonst ein Mensch sich in der vierdimensionalen Raumzeit in drei Dimensionen frei bewegen kann). Auf diese Weise sieht er das Zimmer seiner Tochter in allen Stadien der Zeit. Nicht wissenschaftlich erklärt wird, wie er in der Lage ist, die Bücher im Regal zu schubsen. Das fängt schon damit an, dass sein menschliches Gehirn nicht dazu in der Lage ist, höhere Dimensionen auf nicht-abstraktem Wege zu erfassen. (Wäre es das, könnte Cooper das auch auf der Erde tun und wir bräuchten kein Tesserakt im Innern eines Schwarzen Loches).
    17. Die im Film angedeutete Erklärung für das Wurmloch und die Ereignisse im Tesserakt ist, dass von fünfdimensionalen höheren Wesen nachgeholfen wird. Dies sind offenbar keine Aliens sondern Menschen der fernen Zukunft. Die Transformation der Menschheit in die fünfte Dimension ist ein altes Motiv der Esoterik und soll beim Weltuntergang/Armageddon/New Age/Zeitalter des Wassermanns/mit Ablauf des Maya-Kalenders geschehen. Die Schlüsselszene in „Interstellar“ hat also nichts mit Wissenschaft und viel mit ihrem Gegenteil zu tun.
    18. In der Verfilmung der „Unendlichen Geschichte“ fragt Atreju den Glücksdrachen Fuchur, wie sie denn den Elfenbeinturm finden wollen. Fuchur antwortet: „Mit Glück“. Cooper antwortet auf die gleiche Frage, wie er zur Erde zurückkehren will: „Mit Liebe“. Spätestens hier outet sich „Interstellar“ als Märchenfilm.
    19. Cooper überlebt und wird aufgegriffen, obwohl er schutzlos, nur mit einem Raumanzug und begrenzten Sauerstoff-Reserven für vermutlich wenige Stunden in der Nähe des Saturn im All treibt. Die Chance auf eine solche Rettung ist nahezu aussichtslos. (Wahrscheinlich half die Liebe.)
    20. Überhaupt: Pathos. Viel Pathos. Viel zu viel Pathos. Wer „Interstellar“ mag, mag auch „Pearl Harbor“, „Plan 9 from Outer Space“ und „Sissi – Schicksalsjahre einer Kaiserin“.
    21. Woher weiß Murphy auf dem Sterbebett, dass Amelia Brand auf Edmund’s Planet ist?
    22. Die Charaktere handeln in ihrer Motivation ganz furchtbar eindimensional. Insbesondere Murphy möchte man ein paar mal „Get a life“ zurufen, wenn sie sich weigert, ihrem Vater eine Videobotschaft zu schicken. Ich vermute, selbst „50 Shades of Grey“ hat differenziertere Charakterzeichnungen.
    23. Anne Hathaway spielt mit.

    (Aber die Szene mit der Welle auf Miller’s Planet war geil.)

    Update: Im Wasting-Away-Podcast der 5 Filmfreunde gibt es noch einige Gründe mehr. Außerdem kann ich mir wirres.net eine Scheibe „Fasse dich kurz“ abschneiden.