Kategorie: Text

Beiträge für Print- und Online-Publikationen

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    Das Wort „Datenschutzgrundverordnung“ hat eine ähnliche Wirkung wie das Fingerschnipsen eines Hypnotiseurs. Sobald es fällt, beschäftigen sich die meisten Menschen reflexartig mit irgend etwas völlig anderem. 2009 hat sich keiner dafür interessiert, als die Verhandlungen in den EU-Gremien begannen. Und auch nicht, als die DSGVO vor zwei Jahren in Kraft trat, aber wegen einer Schonfrist noch keine Wirkung entfaltete. Erst in den Tagen vor dem 25. Mai brach Hektik aus.

    Vor allem Blogger und Selbstständige fingen an, ihre Webseiten irgendwie datenschutzkonform zurechtzuzimmern. Viele brüten nun über der Frage, was für personenbezogene Daten sie eigentlich so erheben und speichern. Die müssen nämlich bis ins letzte Detail in einem „Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten“ aufgeschrieben werden: Jedes erfasste Einzeldatum will darin verewigt sein mit genauer Angabe, zu welchem Zweck es gespeichert wird, auf welcher gesetzlichen Grundlage und auch welche Kollegen für diese Daten zuständig sind. Dazu gehört ein Löschkonzept und natürlich muss man in der Lage sein, Auskunft zu erteilen, wenn Kunden oder Geschäftspartner erfragen, welche Daten eigentlich über sie im Unternehmen vorliegen.

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  • Cryptowars, Cypherpunks und ein Fehlalarm

    Mitte Mai brachte ein Tweet der Electronic Frontier Foundation viele Menschen weltweit dazu, ihre E-Mail-Verschlüsselung abzuschalten. Die US-Bürgerrechtsorganisation behauptete, einen schwerwiegenden Fehler im Kryptographiesystem GNU Privacy Guard gefunden zu haben, der die Computer, auf denen das System eingesetzt wird, angreifbar mache. Sie empfahl, entsprechende Plug-ins für E-Mail-Programme zu entfernen. Wer das tat, konnte anschließend keine verschlüsselten Mails mehr senden oder empfangen. Alte verschlüsselte Mails ließen sich nur noch mit Mühe lesen. Dabei war die Warnung völlig unnötig.

    Innerhalb kurzer Zeit stellte sich heraus, dass die Sicherheitslücke gar nicht die Verschlüsselungssoftware selbst betraf, sondern die E-Mail-Programme. Für den Fall, dass ein Angreifer in der Lage ist, E-Mails vor der Zustellung abzufangen und zu manipulieren, könnte etwas eingeschleuster HTML-Code das E-Mail-Programm dazu bringen, den entschlüsselten Inhalt an einen Server im Internet zu schicken. Das ist eine peinliche Lücke für die Programmierer von Software wie Microsoft Outlook oder Apple Mail. Die eigentliche Verschlüsselung wurde dabei aber nicht geknackt und auch private Schlüssel des Programms kamen nicht abhanden. Wer sich gegen den unwahrscheinlichen Angriff schützen möchte, sollte die Anzeige von HTML-Mails abschalten – eine Einstellung, die aus Sicherheitsgründen in jedem E-Mail-Programm vorgenommen sein sollte.

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  • Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Datenschutzbeauftragten

    Als Folge der Datenschutzgrundverordnung war ein „Blogsterben“ vorhergesagt worden, weil Blogger und kleine Websitebetreiber mit den Regularien überfordert seien. Spoiler: Das Internet existiert noch. Aber als in meinem Umkreis tatsächlich einige ihre Blogs dicht machten, wollte ich wissen, ob mehr dahinter steckt oder es sich nur um einen Mythos handelt. Ich fragte also auf Twitter in die Runde und zählte innerhalb von 24 Stunden mehr als 300 geschlossene Blogs, Foren und Websites.

    Natürlich ist diese Zahl in keiner Weise repräsentativ. Zugleich ist es wohl kaum übertrieben, von einer zehnmal höheren Dunkelziffer auszugehen. Interessant sind aber die Gründe, die die Blogger auf Twitter nannten. Alle gaben die DSGVO als Anlass für die Blogschließung an, aber nicht unbedingt als einzigen Grund. Viele bloggen sowieso nicht mehr. Deshalb war ihnen ihr Blog schlicht und ergreifend nicht wichtig genug, um sich um die Umsetzung der DSGVO zu kümmern. Ein Verlust ist das trotzdem. Denn auch wenn die Blogs sowieso nicht fortgeführt worden wären, sind ihre alten Inhalte verloren – ein Stück Netzkulturgeschichte des beginnenden 21. Jahrhunderts.

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  • E-Privacy-Verordnung: Die DSGVO war noch nicht alles

    Die hart debattierte DSGVO regelt den Datenschutz in der Europäischen Union technikneutral. Doch speziell für elektronische Kommunikation sieht das EU-Parlament Handlungsbedarf und arbeitet an einer ergänzenden E-Privacy-Verordnung (EPVO) Sie soll die alte E-Privacy-Richtlinie von 2002 und die Cookie-Richtlinie von 2009 ersetzen, die uns die allgegenwärtigen Cookie-Warnungen auf fast jeder Website beschert haben.
    E-Privacy-Verordnung: Das ändert sich (nicht)

    Anders als die DSGVO ist die EPVO nur für Unternehmen relevant, die Kommunikationsdienste betreiben: Telefon, Internetzugang, E-Mail, Chat, Messenger, Audio- und Videochat und so weiter. Das klingt, als sei die Verordnung nur für einen relativ kleinen Kreis von Unternehmen relevant, allerdings kann jedes gewerbliche Medienangebot darunter fallen, sobald Onlinewerbung und Tracking-Cookies ins Spiel kommen.

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  • Rant: Warum die DSGVO eine Datenschutz-Karikatur ist

    Mein Geduldsfaden riss, als Angela Merkel am Donnerstag ankündigte, nochmal über die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und ihre Umsetzung beraten zu wollen. Also demnächst nochmal alles revidieren? Nachdem wir monatelang versucht haben, die EU-Verordnung und ihre komplexen Wechselwirkungen mit anderen Gesetzen zu verstehen? Wir haben Mustertexte und Generatoren für Datenschutzerklärungen ausprobiert und viel Zeit damit verbracht, uns in die Dokumentationspflichten reinzufuchsen, in denen wir haarklein aufschreiben müssen, welches Datenhäppchen wir zu welchem Zweck auf welcher gesetzlichen Grundlage speichern. Und zwar auch, wenn wir die Daten gar nicht elektronisch speichern sondern im Aktenschrank. Falls wir Websites betreiben, haben wir Auftragsdatenverarbeitungsverträge mit unseren Webhostern abgeschlossen, obwohl die streng genommen gar keine Daten für uns verarbeiten, sondern wir das mit unserer Software auf den gemieteten Servern selber tun. Wenn wir Unternehmer sind, haben wir Datenschutzbeauftragte berufen oder angestellt, die das alles für uns auspuzzeln.

    Lasen wir selbst in der DSGVO nach, waren wir erleichtert und hörten erstmal auf zu lesen, weil wir mit weniger als 250 Mitarbeitern nicht unter die Verordnung fallen. Oder vielleicht doch, weil wir mit besonders „risikobehafteten“ Daten hantieren, wobei schwer festzustellen ist, welche Daten überhaupt darunter fallen. Sind wir keine Unternehmer,  können wir uns oft nicht darauf ausruhen, dass wir Privatleute sind, weil irgend ein Aspekt unseres Online-Lebens uns als gewerbliches Handeln ausgelegt werden könnte. Wir haben uns in zahllose Artikel, Blogposts und Webforen eingelesen und jedes-fucking-Mal haben wir den Cookie-Hinweis weggeklickt. Wenn wir dabei ohne Tracking-Blocker unterwegs gewesen sind, haben wir den Werbenetzwerken mehr Information über uns selbst preisgegeben, als die meisten von uns jemals schützen könnten. Wir haben heiße Debatten in den sozialen Medien geführt und dabei alles und sein Gegenteil über die DSGVO gelesen, und zwar durchaus auch von gestandenen Juristen und Datenschutzexperten.

    „Wir“, das sind Blogger, Arztpraxen, Fotografen, Onlinehändler, Influencer, Buchhaltungsbüros, Journalisten, Youtuber, kleine und große Vereine, Open-Source-Entwickler, Webdesigner, Coaches, Aktivisten, Berater oder Seelsorger – also genau diejenigen, die ganz offenbar immer wieder durch Datenmissbrauch auffallen und dringend mal strenger reguliert werden müssten.

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  • Mark Zuckerberg gefällt das

    Derzeit bekommen Facebook-Nutzer eine E-Mail, in der sie angefordert werden, die neuen Datenschutzrichtlinien durchzugehen und anzunehmen. Tatsächlich erklärt Facebook zwar höchst unvollständig, aber wesentlich anschaulicher als bisher, welche Daten ge­sammelt werden und was mit ihnen geschieht. Ablehnen kann man diese Richtlinien nicht, sondern nur auf »akzeptieren« klicken. Wer das nicht möchte, kann sich über einen grau ­gefärbten Link in winziger Schrift anzeigen lassen, welche andere Option es gibt: die gesammelten Daten herunterladen und den Account löschen.
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    Auf diesem Wege jubelt Facebook seinen deutschen Nutzerinnen und ­Nutzern gleich auch die Zustimmung zur Gesichtserkennung unter. Die wurde bereits vor Jahren eingeführt, war hierzulande bisher aber abgeschaltet. Wem das nicht geheuer ist, der oder die kann das in den Account-Einstellungen wieder abschalten.

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  • Warum Europas Facebook ein Fintech wird

    Wenn es um Digitalwirtschaft geht, ist Lamentieren der Normalmodus: Schlechte Netzabdeckung, kein Breitband auf dem Land, die bestimmenden Software- und Internetkonzerne sitzen in den USA, die Hardware kommt aus China. Das ist zwar alles richtig, übersehen wird aber dabei aber immer, dass Disruption die unterschiedlichsten Branchen betreffen kann und die Karten ständig neu gemischt werden. Das nächste Facebook wird wahrscheinlich nicht aus Europa kommen – zu groß sind die Netzwerkeffekte. Aber was, wenn das nächste Facebook gar kein Facebook ist, sondern ein Fintech?

    Einiges spricht dafür, dass genau das eintreten könnte. Gerade in den letzten Monaten kam es in diesem Bereich zu immer neuen, spektakulären Finanzierungsrunden. Die Berliner N26-Bank zieht umgerechnet 130 Millionen Euro an Land und wird derzeit angeblich mit einer halben Milliarde Euro bewertet. Fast zeitgleich nimmt die ebenfalls in Berlin ansässige Solarisbank 56 Millionen Euro ein. Das Frankfurter Insurtech-Startup Clark ist mit 24 Millionen Euro dabei und versucht, die Idee des app-basierten Bankings auf Versicherungen zu übertragen. Allerdings sitzt der momentane Spitzenreiter in London: Der direkte N26-Konkurrent Revolut stieg mit einer Finanzierungsrunde über 250 Millionen US-Dollar zum wertvollsten Fintech Europas auf.

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  • Die lebendige Speicherkarte

    Der Bauplan für das Leben steckt in dem Molekül Desoxyribonukleinsäure, auch bekannt als DNA oder auf Deutsch DNS. In dem sehr langen Kettenmolekül reihen sich die vier Basen Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin in immer neuen Kombinationen aneinander. Man könnte auch sagen: Es ist ein in einem Alphabet aus ihren vier Anfangsbuchstaben A, T, G und C geschriebener Text. In komplexen biochemischen Prozessen bildet eine Zelle anhand dieses Textes all ihre Bestandteile heraus. Das Grundprinzip ist mittlerweile so gut verstanden, dass sich dieser Bauplan ändern lässt – etwa um in der Gentechnik Pflanzen so zu manipulieren, dass sie widerstandsfähiger gegen einen bestimmten Schädling werden.

    Die Menge an Daten, die die Menschheit produziert, steigt so rasant, dass ihr langfristig die Festplatten und USB-Sticks ausgehen könnten, allein wegen der Begrenztheit der Rohstoffe, die benötigt werden, um all die Speichermedien zu produzieren. Da ist es gedanklich kein allzu großer Schritt, beliebige Daten als DNA zu speichern. Statt einer endlosen Abfolge von Nullen und Einsen könnten Daten auch als Abfolge der Buchstaben A, T, G und C in der DNA abgelegt werden. Theoretisch ließen sich auf diese Weise gigantische Datenmengen speichern. Ein Gramm DNA entspricht rechnerisch etwa einem Zettabyte an Daten. Um diese zu speichern, bräuchte man eine Milliarde Tera­byte-Festplatten aus dem Elektronikmarkt.

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  • Was tun mit Facebook?

    Zerschlagen, verstaatlichen, wenigstens streng regulieren: Wenn das Gespräch auf Facebook kommt, kursieren allerlei Rezepte. Die sind leider oft wenig durchdacht. Die Forderung, Facebook zu verstaatlichen, klingt nur auf den ersten Blick gut. Zwar würde Facebook so einer demokratischen Kontrolle unterworfen, aber nur so lange, wie besagter Staat auch eine Demokratie ist. Ein deutsches oder europäisches Staats-Facebook hieße, dass der Staat zum Datensammler würde. Er hätte direkten Zugriff auf sämtliche Postings und Nutzungsdaten. Er wüsste genau, wer mit wem kommuniziert und befreundet ist. Darüber hinaus bekäme der Staat auch noch Kontrolle über die Algorithmen zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Ein staatliches Soziales Netzwerk darf es aus den gleichen Gründen nicht geben, aus denen es auch keinen staatlichen Rundfunk gibt und Pressefreiheit herrscht.

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  • Sind Quantencomputer das Ende der Kryptographie?

    Quantenmechanik ist eines dieser Themen, die Nichtphysiker schnell an ihre Grenzen bringen. Da ist von Verschränkung und spukhafter Fernwirkung die Rede und ein Teilchen ist in mehreren unvereinbaren Zuständen gleichzeitig, bis jemand nachsieht. Die Quantenmechanik ist nicht nur wegen ihrer komplizierten Mathematik so schwer zu fassen, sondern auch weil ihre Effekte unseren Alltagserfahrungen zu widersprechen scheinen. Esoteriker diverser Richtungen ziehen regelmäßig die Quantenphysik heran, um ihren Hokuspokus zu begründen. Während aber solch esoterischer Hokuspokus nie funktioniert, wenn er im Labor nachgestellt werden soll, ist die Korrektheit der Quantenmechanik bestens untersucht. Ohne Quanteneffekte gäbe es weder Transistoren noch Solarenergie. Die Quantentheorie erklärt Atommodell, Periodensystem und ist Basis für die gesamte Chemie. Doch die Königsdisziplin für die Anwendung der Quantenmechanik wäre ein Quantencomputer.

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