Autor: Enno

  • Wie Mäuse ihre Glückshormon-Ausschüttung kontrollieren können

    Dopamin wird häufig vereinfachend als „Glückshormon“ bezeichnet. Das wird dem Botenstoff kaum gerecht, der eine wichtige Rolle bei der Kommunikation von Nervenzellen untereinander spielt. Bestimmte Nervenzellen schütten Dopamin aus, um bestimmten anderen Nervenzellen ein Signal zu geben, ihre Aktivität zu steigern. Sinkt der Dopamin-Spiegel, fahren diese Neuronen ihre Aktivität wieder zurück. Dieser Mechanismus spielt an vielen Stellen des Nervensystems eine Rolle und reguliert längst nicht nur die Stimmung einer Person, sondern beispielsweise auch die Steuerung innerer Organe.

    Dopaminmangel tritt unter anderem bei Parkinson auf und wird mit ADHS in Verbindung gebracht, ein Dopamin-Überschuss hingegen unter anderem mit Schizophrenie. Dopamin-Ausschüttungen sind ein Wirkmechanismus im limbischen System, einem Zusammenspiel mehrerer Hirnregionen, das als Belohnungssystem aufgefasst wird. Manche Drogen führen auch dazu, dass das Gehirn mit Dopamin regelrecht geflutet wird, was häufig als Glückszustand und als besonders motivierend und leistungssteigernd beschrieben wird. Aber auch Verhaltensweisen, sich selbst zu belohnen – von Sport bis Schokolade – wird nachgesagt, dass sie eine Dopaminausschüttung zur Folge haben. Selbst kontrollieren soll man sie hingegen nicht können.

    Ein Studienergebnis eines Forschers an der University of California dreht diese Sicht nun womöglich um.

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  • Digitale Impfzertifikate

    Derzeit werden im ganzen Land die Corona-Sicherheitsmaßnahmen zurückgefahren, als sei die Pandemie vorbei, während die Infektionszahlen und die Bettenbelegung wieder steigen und steigen. Dies passiert mehr oder weniger unverhohlen mit dem Argument, selber Schuld, wer sich nicht impfen lässt. Der deutsche Ethikrat lehnt Privilegien für Geimpfte ab. Doch während Debatten auf ethischer Ebene hitzig geführt werden, wird leider ein Haken auf der technischen Ebene übersehen: Die digitalen Impfzertifikate sind leider nicht zuverlässig.

    Nach der Impfung stellt die Arztpraxis oder das Impfzentrum ein digitales Zertifikat aus, welches für ein Jahr gültig ist. Wie bei einem klassischen Papierdokument braucht auch ein digitales Zertifikat eine Signatur, eine Unterschrift, aus der hervorgeht, welche Stelle bezeugt, dass da eine Person geimpft wurde. Eigentlich sollte das die Praxis sein oder das Impfzentrum oder die ausstellende Apotheke – praktisch wurde das jedoch unsinnig umgesetzt: Alle digitalen Impfzertifikate tragen die Signatur des Robert-Koch-Institutes.

    Das ist, als würde Angela Merkel allen ihr unterstehenden Ämtern ihre Blanko-Unterschrift zur Verfügung stellen und als seien dann sämtliche Bescheide nur noch von Angela Merkel unterschrieben, ohne das klar wäre, wer da im Einzelfall unterschrieben hat.

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  • Rabbit-Hole-Effekt: Studie sieht keine algorithmische YouTube-Radikalisierung

    Für die Radikalisierung, die in westlichen Gesellschaften zu beobachten ist, werden immer wieder Social-Media-Plattformen und insbesondere Youtube verantwortlich gemacht. Dessen Empfehlungsalgorithmus gepaart mit Autoplay-Mechanismen führe dazu, dass den Zuschauern mit der Zeit immer extremere Videos gezeigt würden.

    Die Vorstellung: Wie in „Alice im Wunderland“ geraten sie immer tiefer in den medialen Kaninchenbau einer skurrilen und verstörenden Parallelwelt, aus der sie nur schwer wieder herausfinden, weshalb dieser Vorgang als Rabbit-Hole-Effekt bezeichnet wird. Die These scheint gut belegt zu sein, schließlich wurden in den vergangenen Jahren immer neue, eindrucksvolle Geschichten von Menschen veröffentlicht, die explizit angaben, durch Youtube und immer extremere Videos radikalisiert worden zu sein. Die Vorwürfe führten dazu, dass die Google-Tochter selbst besonders radikale Inhalteanbieter von der Plattform warf und die verwendeten Algorithmen anpasste, sich aber weiterhin nicht immer an die eigenen Richtlinien zu halten scheint.

    In einer aktuellen Studie geht die amerikanische Forscherin Homa Hosseinmardi mit ihrem interdisziplinären Team im Bereich der computergestützten Sozialwissenschaften nun der Frage nach, inwiefern der Empfehlungsalgorithmus auf Youtube wirklich zu einer Radikalisierung der Zuschauer führt. Das Team analysierte das Online-Verhalten von rund 300.000 US-Bürgern in den vier Jahren von Januar 2016 bis Dezember 2019. Dabei untersuchten die Forscher mehrere Fragen: Schauten die Personen politische Videos? Wenn ja, welchen politischen Richtungen sind diese Videos zuzuordnen? Kamen sie über eine Suche, einen externen Link oder den Empfehlungsalgorithmus an diese Videos? Und steigerten diejenigen, die rechtsradikale Inhalte ansahen, mit der Zeit ihren Konsum?

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  • Luca

    Viele glauben, eine Veranstaltung oder ein Ort sei sicher, wenn eins sich mit Luca eincheckt. Das ist ein Trugschluss. Die Verwendung von Luca hat keinerlei Einfluss darauf, ob Infektionen passieren oder nicht. Auch mit Luca senken nur die AHAL-Regeln die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung. Auch mit Luca ist eine Aerosolwolke in einem Innenraum eine Aerosolwolke in einem Innenraum. Auch mit Luca bleibt ein Impfdurchbruch ein Impfdurchbruch.

    Es ist nicht plötzlich sicher, eine Kneipe zu öffnen oder eine Feier durchzuführen, weil die Luca-App benutzt wird. Es kann vertretbar sein, eine Kneipe zu öffnen oder eine Feier durchzuführen, weil die Fallzahlen gerade niedrig sind und ein stringentes Hygiene-Konzept vorliegt und dieses sogar von den Anwesenden eingehalten wird.

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  • Brain Computer Interfaces in der Kritik

    Bei Schnittstellen zwischen dem menschlichen Gehirn und Computern denken die meisten von uns zunächst an Gehirn-Implantate, Steckverbindungen ins Gehirn sozusagen. Zahlreiche erfolgreiche Experimente konnten zeigen, dass es mit im Gehirn platzierten Elektroden beispielsweise möglich ist, Schmerzen oder gesprochene Sprache auszulesen. Elon Musks Startup Neuralink erhöht die Anzahl der Datenkanäle solcher Implantate und arbeitet an minimal-invasiven Operationsmethoden.

    Angesichts dieser nach Science-Fiction klingenden Meldungen kann leicht übersehen werden, dass Hirnströme auch gemessen werden können, ohne chirurgisch ins Gehirn einzudringen. Sowieso wurde unter dem Begriff Brain-Computer-Interface lange Zeit eine EEG-Haube verstanden, die an einen Computer angeschlossen wird. Diese nicht-invasiven Systeme, die wie eine Haube, eine Mütze oder ein Stirnreif getragen werden können, werden deshalb üblicherweise als eBCI bezeichnet, um sie von Hirn-Implantaten abzugrenzen.

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  • Digitale Ethik und Clubhouse

    Im Darknet wird eine Datenbank versteigert, die 3,8 Milliarden Telefonnummern enthalten soll und von Clubhouse-Servern stammt. Darunter dürften auch viele dienstliche und private Telefonnummern von Prominenten sein, die häufig auf Clubhouse vertreten sind. Wer als prominente Person, Politikerïn, Aktivistïn usw. Grund zur Sorge hat, Opfer von Doxing, Übergriffen Rechtsradikaler oder anderer Hassgruppen zu werden, sollte sich schonmal eine andere Telefonnummer zulegen.

    Das gilt auch für Leute, die selbst Clubhouse gar nicht benutzen. Es genügt, wenn Freunde oder Bekannte es tun, denn Clubhouse kopiert das gesamte Adressbuch des Telefons mit sämtlichen Kontakten auf die eigenen Server. Das passiert nicht nur einmal nach dem ersten Start der App. Clubhouse schaut anschließend auch regelmäßig nach, ob neue Einträge hinzugekommen sind, und lädt auch diese hoch. So erklärt sich, warum eine App, die von einigen zehn Millionen Menschen installiert wurde, 3,8 Milliarden Kontaktdaten erntet.

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  • Die Rückkehr der Aura

    Vor 30 Jahren erfand der Physiker und Informatiker Tim Berners-Lee das System, das die Websites der Welt miteinander verknüpft. Im vergangenen Monat versteigerte er es beim New Yorker Auktionshaus Sotheby’s für umgerechnet 4,5 Millionen Euro. Wer das World Wide Web (WWW) gekauft hat, wurde nicht bekannt, aber zum Glück steht es weiterhin der Allgemeinheit zur Verfügung. Denn verkauft wurde lediglich ein virtueller Verweis auf ein virtuelles Gut, ein sogenannter Non-Fungible Token (NFT), der dem Käufer bescheinigt, im Besitz des originalen Quellcodes des WWW zu sein, den Berners-Lee 1991 geschrieben hat.

    NFTs versetzen auch die Kunstmärkte in Aufruhr, seit immer mehr digitale Werke zu immer höheren Preisen an Sammler gehen. Den Rekord hält eine Collage des Digitalkünstlers Beeple, die im März für 42 Millionen Einheiten der Digitalwährung Ether über die virtuelle Theke ging, was zu dem Zeitpunkt etwa 58 Millionen Euro entsprach. NFTs sind im Kunsthandel angekommen, auch wenn viele Beobachter von einem Hype sprechen und die Verkaufszahlen und Preise derzeit wieder sinken.

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  • Menschliche Stimmen digital klonen

    Darf man die Stimme eines Toten verwenden, um ihm Worte in den Mund zu legen, die er so nie gesagt hat? Dieser Streit entzündete sich anhand einer Dokumentation des Filmemachers Morgan Neville. In „Roadrunner: A Film About Anthony Bourdain“ lässt er einen verstorbenen Starkoch sprechen, wobei die Zuschauer nicht erkennen können, welche der angeblichen O-Töne künstlich fabriziert wurden. Das wirft eine ganze Reihe von Fragen auf: Wie viele fiktionale Anteile darf ein Dokumentarfilm noch haben, um so bezeichnet werden zu können? Und wem gehört eigentlich eine Stimme? Diese Fragen müssen dringend geklärt werden, denn das digitale Klonen menschlicher Stimmen ist keine Raketentechnik mehr – und die dafür notwendige Software allgemein verfügbar.

    Während überzeugende digitale Stimmen-Imitate erst seit wenigen Jahren zur Verfügung stehen, hat das Erzeugen künstlicher Stimmen eine lange Geschichte. Bereits 1939 entwickelte der Ingenieur Homer Dudley in den Bell Labs einen analogen Stimm-Synthesizer. Der „Voder“ konnte gesprochene Sprache mit roboterhafter Stimmen erzeugen, wie sie aus alten Science-Fiction-Filmen bekannt sind. Seither sind auf dieser Technik basierende analoge und später auch digitale Vocoder im militärischen und künstlerischen Einsatz.

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  • Durch uns die Sintflut

    Einige Jahre meiner Kindheit habe ich buchstäblich hinterm Deich verbracht. Nicht direkt der Nordseedeich, sondern der Emsdeich, aber doch an der Küste, eine Autostunde von der See entfernt. Hoch muss ein Deich auch am Fluss sein, für den Fall, dass sich bei Nordwestlage die See in den Mündungen staut und das Wasser flussaufwärts fließt. Natürlich sind wir bei Sturmflut rauf auf den Deich. Gucken. Dort oben stehend zu sehen, wie auf der anderen Seite das vom Sturm aufgewühlte Wasser dicht unter der acht Meter hohen Deichkrone steht, erzeugt einen tiefen Respekt vor den Naturgewalten. Es wird schlagartig klar, wie wenig fehlt, bis riesige Gebiete überflutet werden.

    Die Naturgewalt der Flut und die Technik des Deichbaus haben sich tief in die Kultur der Küstenbewohnerïnnen eingegraben. Ich hatte das Glück, keine schlimme Sturmflut erleben zu müssen. 1962, als Teile von Hamburg und das Alte Land unter Wasser standen und 340 Menschen in den Fluten umkamen, war ich noch nicht auf der Welt. Aber ein Bewusstsein dafür, dass es immer wieder zu Sturmfluten kommt, nehmen in Ostfriesland Aufwachsende mit der Muttermilch auf. Katastrophen wie die Weihnachtsflut von 1717, in der weit über 10.000 Menschen umkamen, sind Teil des kollektiven Gedächtnisses. Die Sturmflut ist eine Naturgewalt, die jederzeit und willkürlich hereinbrechen kann. Sie lässt sich weder beschwören noch verhindern. Die Menschen müssen sich damit arrangieren.

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  • Kybernetisches Hirn-Implantat schaltet Schmerzen automatisch ab

    Eine große Zahl von Experimenten hat gezeigt, dass es möglich ist, Information aus dem Gehirn auszulesen. So ist es mittlerweile machbar, in Hirnströmen auftretende Muster automatisch zu interpretieren und damit Roboterarme oder Rollstühle zu steuern. Sogar in Gedanken gesprochene Sprache oder gerade Gehörtes kann durch das Messen und Übersetzen elektrischer Aktivität im motorischen oder auditiven Kortex in Verbindung mit maschinellem Lernen relativ gut rekonstruiert werden. Anders sieht es mit Schmerzen aus: Es ungleich schwieriger, mit Hilfe von Elektroden im Gehirn zu detektieren, ob ein Patient gerade Schmerzen wahrnimmt.

    Während viele Sinneseindrücke in fest zugeordneten Hirnregionen verarbeitet werden, ist die Verarbeitung von Schmerz auf viele Stellen des Gehirns verteilt und entsprechend schwer zu detektieren. Man spricht hier auch von der so genannten Schmerz-Matrix des Gehirns. Nun gelang es einem Forschungsteam an der New York University School of Medicine, in diesem Bereich ein Durchbruch. Sie können nicht nur Schmerzen mit Hilfe eines Implantates detektieren, sondern diese in einem zweiten Schritt auch vollautomatisch abschalten.

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