#Stargate oder: Von den Nachteilen der Kommunikation an sich

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Kommunikation hat per se den entscheidenden Nachteil, dass den Beteiligten Form oder Inhalt einer Nachricht nicht gefallen könnte. Dieses Problem beschäftigt die Menschheit seit Tausenden von Jahren, wobei Lösungen wie die Ermordung des Überbringers einer Botschaft oder weniger krasse Formen der Zensur verworfen wurden. Um kommunikative Zumutungen auf ein erträgliches Maß zu bringen, werden heute in der Regel Moderatoren eingesetzt, die störende Kommunikationsteilnehmer des Forums verweisen.

Ganz gelegentlich kommen auch automatische Filter zum Einsatz, die unerwünschte (Schimpf-)wörter unterdrücken oder ersetzen. Diese Lösung ist selten, da sie sich allgemein als funktional unbefriedigend erwiesen hat: Allzu oft entscheidet der Kontext, ob ein Wort wie „Ficken“ stehen bleiben oder ersetzt werden sollte, allzu leicht ergibt sich eine empfindliche Einschränkung der Meinungsreiheit und allzu einfach ist es, solche Filter mit geschickten Formulierungen zu umgehen.

Das hat aber den Entwickler des „Syncforums“ der Piratenpartei nicht davon abgehalten, einen Filter in die Forensoftware zu implementieren, als er auf ein besonders übles kommunikatives Problem stieß, das dringenden Handlungsbedarf erforderte, um Schaden von den Forumsteilnehmern abzuwenden. Gefiltert werden allerdings keine Beleidigungen, Pornographie oder Gewaltdarstellungen sondern das so genannte „Gender-Gap„.

Dieses an sich harmlose Sternchen soll im Gegensatz um Binnenmajuskel („ProgrammierInnen“) anzeigen, dass Programmier*innen nicht nur Männlein oder Weiblein sein können sondern auch irgend etwas dazwischen. Es ist ein Sprachspiel, ein Versuch, Sprache so zu gestalten, dass sie so geschlechtsneutral wie möglich anwendbar wird. Man kann sich jetzt darüber streiten, ob das hässlich oder kreativ ist.

Worüber man sich meiner Meinung nach jedoch kaum streiten kann: Es ist allein und ausschließlich Sache des Autors eines Textes, wie dieser sich ausdrücken möchte. Einen Filter für bestimmte Ausdrucksformen zu installieren, stellt diese Ausdrucksformen mit den eingangs erwähnten, im Grenzfall filternswerten Beleidigungen, Pornographie und Gewaltdarstellungen auf eine Stufe.

Der Programmierer redet sich mit der Begründung heraus, ihn störe beim Gender-Gap die Ästhetik. Ich kann natürlich sehr gut verstehen, dass Menschen, die sich täglich mit Regular Expressions herumschlagen müssen, nach Feierabend mal keine Sternchen mehr sehen wollen. Trotzdem hat es ganz sicher mehr als nur ästhetische Gründe, wenn ein Vertreter der Hackerkultur, die Leetspeek hervorgebracht hat, versucht, das Gendersternchen und andere Arten gendergerechter Sprache zu unterdrücken. Wir sollten jetzt dringend darüber nachdenken, welche weiteren Kommunikationsformen aus ästhetischen Gründen gefiltert werden müssten.

Im März lief dieser Filter weitgehend unbemerkt und filterte die gesamte Kommunikation des Syncforums, also eines großen Teils der Mailinglisten der Piratenpartei. Nach entsprechender Kritik wurde der Filter abgeschaltet, ist aber immer noch vorhanden und kann von jedem Mitglied eingeschaltet werden. Der entsprechende Menüpunkt lautete „Sprache normalisieren“. Maskulisten, Transphobiker und Sprachhüter wird das sicherlich freuen.

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