Zugegeben: Ich hab’s ja nicht so mit SPD-Kanzlerkandidaten. Die geben sich seit ein paar Jahren besonders viel Mühe, ihre Wähler zu enttäuschen. So auch Peer Steinbrück. Der wurde im Interview gefragt, ob ein Bundeskanzler zu wenig verdient. Das ist für einen Politiker, zumal Sozialdemokraten, ein Elfmeter ohne Torwart.
Die Antwort könnte in etwa lauten: „Gemessen an Spitzengehältern in der Wirtschaft verdient ein Bundeskanzler zwar wenig, aber das eigentlich Problem ist doch: Verdienen die eigentlichen Leistungsträger in der Gesellschaft genug? Können Pflegekräfte und Supermarktkassierer gut von ihrer Leistung leben? Wie kann es sein, dass so viele Menschen in Vollzeitbeschäftigung auf den Alg2-Satz aufstocken müssen? Was tun wir mit all denjenigen, die niemals wieder eine Aussicht auf einen sinnvoll bezahlten Job haben? Deshalb fordere ich einen flächendeckenden Mindestlohn, höhere Alg2-Sätze und weniger Gängelung der Menschen in den Jobcentern.“
Genau das hat er aber nicht gesagt. Er findet, es könne nicht sein, dass ein Bundeskanzler weniger verdient, als ein Sparkassendirektor. Fehlt nur noch ein Kurzreferat über das Armutsrisiko, dem vor allem auch junge, allein erziehende Bundeskanzlerinnen ausgesetzt seien…
Das Gehalt eines Bundeskanzler hat nichts mit dem (frei ausgehandelten) Gehalt eines Wirtschaftsbosses zu tun. Ich möchte jedenfalls keine Leute in dem Job sehen, die ihn des Geldes wegen machen, weshalb Abgeordnete, Kanzler und Minister zwar eine hohe Diät beziehen, die sie unabhängig machen soll, aber eben auch kein Luxusgehalt. Dass ein Bundeskanzler relativ wenig verdient mag sachlich richtig sein, ist aber irrelevant und aus dem Mund eines Sozialdemokraten eine Enttäuschung. Enttäuschend natürlich nur für diejenigen, die das Versprechen der Sozialdemokratie noch glauben, sich für die Interessen der „kleinen Leute“ einzusetzen.
Das hat auch nichts mit einer „Neiddebatte“ zu tun. Steinbrück sagt, er habe kein „erotisches Verhältnis zum Geld“, kommuniziert aber ständig das Gegenteil. Sein Verhalten zeigt, dass er frei von Empathie zu sein scheint für diejenigen, die er gerne regieren möchte. Seine Kandidatur ist für eine Partei, die sich „sozialdemokratisch“ nennt, ein Griff ins Klo. So kommt das Mem zustande, die SPD sei eine „Verräterpartei“: Nicht wegen irgendwelcher Dolchstoßlegenden, sondern weil die Menschen sich von der Sozialdemokratie hier und heute betrogen fühlen.
Selbst ich, der sich als „linksliberal“ bezeichnet, möchte lieber von Angela Merkel regiert werden als von Peer Sparkassendirektor. Und ich habe auch nicht das Gefühl, dass nur meine Filterblase so empfindet. Ich prognostiziere daher, dass die SPD ihr historisches Ergebnis von 23% bei der Bundestagswahl 2009 im Herbst 2013 noch einmal unterbieten wird.
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