Capitol, Hohenstein-Ernstthal
Fast berühmt ist die Band „Stillwater“, folglich steht auf dem Tour-Bus „Almost Famous Tour 1973“. In diesem Bus befindet sich unter wilden Typen, Rockern und Groupies ein etwas schüchterner 15jähriger Junge, der als Musikjournalist für den „Rolling Stone“ dabei ist. Also Wahnsinn mit Methode.
Dieser 15jährige ist William, der die Platten seiner Schwester findet und fortan nur noch eines will: Rock’n’Roll. Quasi um die Ecke wohnt der Musikkritiker Lester und wird auf den talentierten Jungen aufmerksam. Er lässt ihn Berichte für das Detroiter Rock-Magazin „Creem“ schreiben. Dieses Magazin wiederum liegt auch beim berühmten „Rolling Stone“ herum, und so bekommt William den Auftrag, eine Tourreportage über die Band „Stillwater“ zu schreiben – und keiner seiner Auftraggeber ahnt, wen sie da eigentlich angeheuert haben.
William ist also bei allem dabei. Zwar in der beobachtenden Rolle des uncoolen Außenseiters, aber genau das ist es, was er braucht. Und Material für seine Reportage findet er genug, wird er doch unmittelbar Zeuge der Streitereien und tiefen Freundschaften, Zeuge von Eskapaden und Triumphen. Und auf interessante wie dennoch glaubhafte Weise ist er, der kleine junge, offenbar der einzige Erwachsene in diesem ganzen Zirkus. Seine Mutter (typischerweise eine leicht pedantische Lehrerin) macht sich also ganz umsonst Sorgen um ihn.
Das glatte Gegenteil ist das selbstsichere Groupie Penny Lane. Nur wenig älter als William, kennt sie sich scheinbar klasse im „Biz“ aus. Natürlich ist es Ehrensache, dass sie kein Groupie ist, sondern eine Muse. Sie will ganz und gar nicht wahrhaben, dass sie für die Band einfach nur eine süße Gespielin fürs Hotelbett ist. Beide werden sich also weiterentwickeln: Penny muss runter von ihrem Thron und lernen, die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Und William, der trotz seiner 15 Jahre und seines naiven Dackelblicks schon den kühlen Reporter drauf hat, muss erwachsen werden, um kein Außenseiter in seiner Umgebung zu sein.
Nur einer von vielen angenehmen Punkten ist, dass sich der Film gottseidank zu schade ist, hieraus eine kitschige Love-Story zu drechseln. Kein Wunder, dass Regisseur und Autor Cameron Crowe für das Drehbuch einen Oscar bekam, denn er beweist mit seiner autobiographischen Geschichte, dass er vor allem eines kann: Erzählen, ohne wahnwitzige Wendungen oder einen riesigen Special-Effects-Etat zu benötigen. Er zeigt uns wahre Menschen und keine Abziehbilder und stellt direkt Gefühle dar, ganz ohne ein einziges Mal in Richtung Kitsch abzugleiten
Das wäre sicherlich nicht möglich gewesen ohne die hervorragende Darstellerriege, die er zur Verfügung hat. „Almost Famous“ legt auf jedes Detail Wert und ist bis in die letzte Nebenrolle perfekt besetzt. Besonders hervorzuheben sind jedoch die Newcomer Patrick Fugit, der William erstklassig verkörpert und einen Haley Joel Osment ganz schön alt aussehen lässt, sowie Kate Hudson, die schon jetzt mehr Talent zeigt, als ihre Mutter Goldie Hawn jemals hatte (um es mit den Worten von Carsten Baumgardt zu sagen).
Bleibt noch, den wunderbaren Soundtrack zu erwähnen, der den Film stimmig mit Klängen von Beach Boys bis Black Sabbath untermalt. Bemerkenswert der Sound der (fiktiven) Band „Stillwater“, der von Altrocker Peter Frampton stimmig wie hitverdächtig kreiert wurde. „Almost Famous“ ist also der feuchte Traum des typischen Filmkritikers: Nicht nur dass alles stimmt und auch noch nette Mucke aus alten Tagen vorhanden ist, nein wir dürfen William auch noch dabei zusehen, wie er als genialer Schreiberling schon mit 15 Jahren erfolgreich ist und uns insgeheim einbilden, dass wir auch schon immer so genial waren.
USA 2000, 123 min
Patrick Fugit, Kate Hudson, Billy Cudrup, Frances McDormand, Jason Lee, Philip Seymour Hoffman
Regie: Cameron Crowe