Derzeit wandern Gerüchte durch die Medien, Google könne Twitter übernehmen. Viele Leute verstehen nicht so genau, welche Probleme ich eigentlich mit Google habe. Daher zunächst eine kurze Zusammenfassung:
- Google speichert bei jeder Suchanfrage einen bis 2038 gültigen Cookie in jedem Browser. So lange dieser Cookie nicht gelöscht wird, kann Google ein personenbezogenes Suchprofil erstellen, das so anonym ist, wie die IP-Adresse.
- Google hat es geschafft, über Dienste wie AdSense und Analytics weite Teile des Internet zu kontaminieren. Die Installationsbasis ist dermaßen breit, das Google detaillierte Profile des Surfverhaltens nahezu aller Internetnutzer anfertigen kann. Diese Profile sind personenbezogen und ebenfalls so anonym wie die IP-Adresse.
Google kann Suchanfragen und Surfprofil miteinander verknüpfen. Anders gesagt: So lange ich meine Cookies nicht regelmäßig lösche, hat Google ein ziemlich gutes Bild davon, wann ich mich wie lange auf welcher Webseite aufhalte und nach welchen Begriffen ich suche. Google weiß nur nicht, wer ich bin und eine Rückverfolgung über die IP-Adresse ist allenfalls im Zusammenhang mit Straftaten möglich. (Über die Aussagekraft von IP-Adressen und welche Daten man Google noch alles in den Rachen schmeißt, wenn man Tools wie Googlemail, Chrome oder „Text&Tabellen“ benutzt, will ich mich jetzt nicht näher äußern.)
Warum ich gehe, wenn Google kommt
Das ganze ist für sich genommen bedenklich genug, bekommt aber eine besondere Qualität, sobald ich diese Profile nicht mehr anonym sind, sondern einer bestimmten Person zugeordnet werden können. Und das ist genau dann der Fall, wenn man einen Account bei Google hat:
- Je nachdem, für was ich mich anmelde, kennt Google mindestens meine E-Mail-Adresse, oft aber auch meinen Klarnamen, meine Anschrift, sogar meine Bankverbindung.
- Sobald ich angemeldet bin, funktioniert der Trick, den Cookie zu löschen nicht mehr. Mit jedem LogIn weiß Google, wer da kommt, wenn der Cookie neu gesetzt wird. Das Tracking läuft also ganz unabhängig vom Cookie.
Das heißt: Ich will keinen Account bei Google. Und mein Twitter-Account würde im Fall einer Übernahme ein Google-Account werden.
Es geht nicht darum, dass Google auswerten kann, was ich twittere. Twitter ist sowieso öffentlich. Eine Analyse meiner Tweets wäre allenfalls ein Sahnehäubchen auf mein Verhaltensprofil. Es geht darum, dass ich gezwungenermaßen und gegen meinen Willen bei Google angemeldet werden könnte. Erst durch die Anmeldung können alle möglichen Daten wirklich zusammengeführt und einer Person zugeordnet werden.
Postscriptum
Google sagt, sie interessieren sich gar nicht für mich. Sie würden die Daten nur statistisch auswerten und verkaufen. Oder dafür nutzen, personalisierte Werbung einzublenden. Ich glaube es ihnen sogar. Aber die Daten sind da. Niemand kann garantieren und kontrollieren, was in Zukunft mit ihnen angestellt wird.
Als im 19. Jahrhundert die Einwohnermeldeämter eingeführt wurden und dort u.a. die offensichtlich harmlose Frage nach der Religionszugehörigkeit gestellt wurde, hat auch niemand damit gerechnet, dass dies genau die Daten waren, die den Nazis eine umfassende Registrierung und Verfolgung aller Juden überhaupt erst ermöglichen würden.
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2 Antworten zu „Twitter: Warum ich gehe, wenn Google kommt“